Pinn in Financial Times: Schande für Europa / Independent: Zäune sollen uns schützen / La Voix du Nord: fast täglicher Aufmacher: Immigranten / Nord Littoral, Calais: auch vor 100 Jahren - Calais opfert sich für den französischen Staat / NBC: Der Jungle von Calais
In Europa ist es immer noch politically correct zu behaupten, dass man gegen den Bau von Mauern, Zäunen und Barrieren sei. Die Bauwerke sind in der Regel hässlich. Sie trennen Menschen voneinander. Sie verhindern den Austausch von Waren und Ideen, oder schränken diese erheblich ein. Kurzum sie sind verpönt. Es wäre gut auf sie verzichten zu können.
Doch Europa ist zurzeit ganz fleißig dabei, immer mehr Mauern, Zäune und Barrieren zu errichten. Das wird man doch ehrlicherweise feststellen dürfen. Es gab und gibt viele solche Bollwerke an den Außengrenzen der europäischen Union. Es gibt mehrere solche Bauwerke zwischen verschiedenen Ländern der europäischen Union. Und es gibt sie sogar innerhalb der einzelnen Länder.
Letzteres ist durch die Krise deutlich geworden, die die Situation am Eurotunnel verursacht. Fast täglich versichern Spitzenpolitiker in Großbritannien und in Frankreich, mehr Ressourcen für den Bau von Barrieren zur Verfügung zu stellen. Die Mauern und Zäune entstehen bei Calais in Frankreich und teilweise bei Folkestone in England - also an den beiden Einfahrten in den Tunnel, der diese Länder unterirdisch verbindet.
Die Zäune auf französischem Boden sollen bewirken, dass sich keine illegalen Immigranten in Züge oder Fahrzeuge einschleichen, die den Tunnel nach Großbritannien durchqueren. Die Zäune werden mit kräftiger britischer Hilfe gebaut, um die unerwünschten Passagiere daran zu hindern, englischen Boden zu betreten und den Status als Flüchtling in Großbritannien zu reklamieren. Noch bevor dies geschieht, sollen die Menschen zurück in Richtung Frankreich transportiert werden.
Zur Situation am Eurotunnel kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Es gibt gute Argumente für und wider die Aufnahme der vielen Menschen, die am Rande von Calais unter unwürdigsten Bedingungen untergebracht sind. Diese Menschen setzen darauf, dass Europa sie am Ende doch aufnimmt. Oft sind sie bereit, ihr Leben zu riskieren, um in das gegenwärtig aus ihrer Sicht gelobte Land Großbritannien zu kommen.
Doch jenseits dieser Diskussion kann die aktuelle Krise dazu dienen, den europäischen Diskurs über Mauern, Zäune und Barrieren zu bereinigen. Die dramatische Esklation in Calais macht eine Situation für Millionen Europäer sichtbar, die ohnehin an vielen anderen Stellen existiert - auch wenn man sie gewöhnlich herunterspielt oder gar zu unterschlagen versucht. Europa braucht leider Mauern. Europa baut sie fleißig. Die europäische Union finanziert sie zum erheblichen Teil.
Das sind nun mal harte Fakten, die man nicht wegdiskutieren oder gar wegdenken kann. Mauern und Zäune gibt es nicht nur in Calais. Diese gibt es auch zwischen Spanien und Gibraltar, zwischen der Republik Irland und Nordirland, an der Grenze der spanischen Kolonien Ceuta und Melilla in Marokko, zwischen Griechenland und der Türkei sowie zwischen Bulgarien und der Türkei, neuerdings auch zwischen Ungarn und Serbien. Die Liste lässt sich fortsetzen. Die EU-Agentur Frontex hilft vielfach dabei, die genannten und anderen Barrieren zu errichten und zu schützen.
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