Syria Times: Internationale Verschwörung gegen Damascus / Syria News: Petrodollars für den Krieg gegen Syrien / Alalam, Tehran: angeblich Allianz ISIS-USA-Türkei / saudische Agression gegen Yemen / sunnitische Jihadisten kämpfen
In vielen Berichten aus dem Nahen Osten wird wieder das baldige Ende des syrischen Präsidenten Bashar Assad prophezeit. In der Tat mussten in den letzten Wochen die Truppen von Assad einige, schmerzhafte Niederlagen hinnehmen. Die militärische Lage des syrischen Regimes ist ziemlich verzweifelt. Kämpfer von ISIS und anderen oppositionellen Gruppen verstärken den Druck auf die Hauptstadt Damascus. Es wird vielleicht Zeit, dass Assad aufgibt.
Doch diese Logik geht von einer Lage aus, die es nicht mehr gibt und auch nicht mehr geben wird. Gemeint ist die Lage, die vor dem Ausbruch des Aufstandes vor über vier Jahren herrschte. Diese basierte auf den alten Kolonialgrenzen, die Großbritannien und Frankreich nach ihren kolonialen Bedürfnissen vor ziemlich genau 100 Jahren gezeichnet hatten. Doch dieses alte Sykes-Picot Agreement bestimmt die Realitäten in Syrien lange nicht mehr. Es wurde durch die dramatischen Ereignisse des sogenannten arabischen Frühlings fast restlos aufgehoben. Ein einheitlicher syrischer Staat ist nur noch eine Illsuion.
Im Klartext bedeutet diese Entwicklung, dass Assad als Leader der alawitischen Gemeinde bis zum Ende kämpfen muss. Im schlimmsten Fall wird er sich aus Damascus zurückziehen und sich in den Hochburgen seiner Glaubensgenossen (etwa die wichtige Hafenstadt Latakia) verbarrikadieren. Dort bleiben die regierungstreuen Einheiten sehr stark. Von dort aus werden sie wirksam (und meiner Einschätzung nach erfolgreich) ihr Stammesgebiet verteidigen. Eine Alternative haben sie nicht. Denn sonst werden sie von ihren sunnitischen Feinden eliminiert.
Ein weiterer Grund für das Durchhaltevermögen von Assad ist natürlich der Iran. Der schiitische Gottesstaat hat in Syrien viel zu viel investiert. Er wird eine komplette Niederlage von Assad und den Alawiten (ein Abzweig des schiitischen Islam) mit allen Mitteln verhindern. Für diese Aufgabe ist der Iran gut gerüstet. Schon jetzt ist Tehran dabei, seine Präsenz in Syrien durch eine Luftbrücke erheblich zu verstärken. Sollte es für Assad wirklich kritisch sein, wird die iranische Revolutionäre Garde direkt in die Kämpfe eingreifen. Diese sehr gut ausgebildete und hoch motivierte Truppe kann auch den stärksten Rebellen Paroli bieten.
Die bereits zementierte Zersplitterung Syriens ist kein Einzelfall. Ein ähnlicher Prozess erfasst zur Zeit den Irak und Yemen. Libanon und die haschemitisch-palästinensische Monarchie in Jordanien könnten die nächsten Staaten sein, in denen Chaos und Teilung drohen. In Libyen hat die Zentralregierung versagt und das Land wurde praktisch in Stammesgebieten geteilt, die sich untereinander heftige Kämpfe liefern. Das Kernland Ägypten unter General Sisi bleibt eine Insel der relativen Stabilität in Arabien. Doch Cairo gelingt es nicht, die riesige Halbinsel Sinai unter Kontrolle zu bringen. In weiten Teilen dieses Gebietes bekämpfen Al Kaida Anhänger oder ISIS Einheiten die ägyptischen Streitkräfte und verursachen fast täglich schwere Verluste unter Soldaten und Polizisten.
Diese kleine Übersicht dient zur Erinnerung, dass der Westen umdenken muss. Das bisherige Ziel der Wiederherstellung der Kolonialgrenzen ist mit dem Geschehen auf dem Terrain nicht zu vereinbaren. Die Landkarte der Region wurde bereits und wird weiterhin durch alte ethnische und religiöse Konflikte völlig verändert. Eine Rückkehr auf die alte geopolitische Situation war und bleibt eine Fata Morgana, wie sie häufig in arabischen Wüstengebieten vorkommt.
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