Shlomo Cohen in Israel Ha'yom, Tel Aviv: neue Realität in Europa / Al Eqtisadiah, Riyadh: Euro-Hotel kommt nicht umsonst / Ta Nea, Athen: Ende der Troika / ...und neues Spiel auf dem europäischen Schachbrett / Express: wird es Wachstum geben oder nicht? / Keyboard: wer vesteht schon Griechisch? / Welt: das war erst der Anfang
Schuldenschnitt für Griechenland hin oder her - Athen ist es gelungen, binnen weniger Tage neue Spielregeln für die Eurozone vorzuschreiben. Nichts wird so laufen wie bisher. Alle Seiten werden sich auf die neue Lage einstellen müssen. Ob Griechenland dann noch in der Eurozone bleibt ist momentan völlig offen. Doch auch beim eventuellen Grexit ändert sich alles - und zwar für alle. Auch für diejenigen, die die gemeinsame Währung unbedingt behalten wollen.
Grund für diese Situation ist die Chutzpe der neuen, jungen Mannschaft in der Athener Regierung. Diese Leute wissen ganz genau, dass die Staatskassen fast leer sind. Sie wissen ebenfalls, dass in nur wenigen Wochen ihr Land Pleite macht. Trotzdem entscheiden sie im Schnellverfahren, den Mindestlohn anzuheben, die staatlichen Renten zu erhöhen, tausende unproduktive Jobs zu schaffen und so weiter und sofort. Es gibt eine lange Liste von Sofortmassnahmen, die letztlich das gleiche bewirken - Reduzierung der Einnahmen bei drastischer Kostensteigerung.
Es stellt sich die drängende Frage, woher der Mut kommt, so unverantwortlich zu handeln. Es wäre ja zu erwarten, dass die neuen Machthaber eine Bedenkzeit einlegen und wenigstens eine oder zwei Wochen in Ruhe überlegen, ob sie wirklich alle kostbaren Wahlversprechungen unverzüglich umsetzen können. Doch davon ist nichts zu merken. Der Premier und sein Finanzminister gehen volle Pulle voraus. Sie wollen Tatsachen schaffen, solange sich alle anderen Europäer von den täglichen Hiobsbotschaften noch nicht erholt haben.
Dahinter steht eine gut überlegte Strategie. Diese lautet: Das kleine Griechenland ist keineswegs allein. Auch viel größere Länder und Volkswirtschaften in Europa sind von den Spar- und Reformzwängen aus Brüssel hart betroffen. Auch in Portugal, in Spanien und selbst in Italien herrscht Unruhe, die sehr bald wie eine Lauffeuer zu politischen Veränderungen führen kann. Somit wird die Europäische Union quasi gezwungen, auf die Forderungen aus Athen doch einzugehen. Ansonsten gibt sich die Eurozone selbst auf, was für die meisten Europäer immer noch ein zu drastischer Schritt wäre.
Ob das Athener Kalkül aufgeht oder nicht weiß momentan keiner. Doch inzwischen werden Fakten geschaffen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Man kann ja nicht Renten wiederum kürzen oder Arbeiter auf die Straße setzen... man kann nicht ohne Weiteres wieder Privatisierungen veranlassen, die gerade gestoppt wurden... so ist das auch in anderen Bereichen. Europa soll gezwungen sein, die Veränderungen in Griechenland mitzutragen - oder mit noch größeren Problemen fertig zu werden, die die politische Stabilität empfindlich treffen und den Anfang vom Ende der Eurozone bedeuten.
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Schlagwörter: Achillesferse Griechenland, gehen volle Pulle voraus
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