Al Motamar: neue Verfassung soll kommen / Al Thawra: wer wirft wen raus / Knockout für den politischen Feind / Yemen Observer: schiitischer Coup von sunnitischen Monarchien am Golf verurteilt
Schiitische Rebellen haben Sana'a übernommen. Die USA Botschaft wurde noch vor Tagen evakuiert. Nun folgt die Schließung der britischen diplomatischen Mission sowie anderer Botschaften. Diese Entwicklung findet relativ wenig Beachtung, da sich die Aufmerksamkeit der Medien auf die wiederholten, brutalen Hinrichtungen durch das sunnitische Kalifat ISIS konzentriert. Doch bedeuten die dramatischen Ereignisse im Yemen eine geopolitische Wende. Über die schiitischen Houthi Rebellen kann der Iran bald in die Lage versetzt werden, eine überaus wichtige strategische Position in der Region zu beherrschen.
Es handelt sich um Bab el Mandeb - eine Meeresstraße, von der aus die Passage vom indischen Ozean zum Roten Meer relativ leicht kontrolliert werden kann. Das bedeutet gleichzeitig die Möglichkeit, den Schiffsverkehr über den Suez-Canal zu stoppen oder zuzulassen. Für Ägypten und für die ganze arabisch-sunnitische Welt wird das als ernste Gefahr wahrgenommen. Cairo wird einer solchen Entwicklung nicht tatenlos zuschauen. Bei einer Zuspitzung der Situation wird sich Ägypten gezwungen sehen, im Yemen wieder militärisch zu intervenieren - wie bereits in der Vergangenheit.
Der Gulf Cooperation Council hat sich bereits sehr besorgt gezeigt und äusserst kritisch reagiert. Die sunnitischen Monarchien am Golf sind ohnehin mit vielen surbversiven Aktivitäten des Iran konfrontiert, und zwar innerhalb der eigenen Grenzen. Nun befürchten sie, dass der schiitische Gottesstaat Iran wieder einen großen strategischen Sieg erringt und die sunnitische Welt weiter verdrängt. Aus sunnitischer Sicht hat die Verdrängung vorher im Irak stattgefunden, wo die Schiiten heute das Geschehen weitaus mehr als früher beeinflussen. Das ist übrigens mit ein Grund für die Anziehungskraft von ISIS, die auf verschiedenen Wegen viel Rückendeckung aus den Golf-Monarchien bekommt - vor allem aus Katar.
Während der Westen den Konflikt im Yemen überwiegend als eine ethnische Fehde betrachtet, sehen ihn Muslime in der Region zunehmend vor dem Hintergrund der Rivalitäten zwischen Sunniten und Schiiten. Unüberhörbar betonen sie, dass hinter den Erfolgen der Houthis vor allem Tehran steckt. Der Iran fühlt sich so selbstsicher, dass er vermutlich bald sein Zwischenziel erreicht, als eine "Fast-Atommacht" vom Westen akzeptiert zu werden, wovor der frühere amerikanische Außenminister Henry Kissinger zurecht dringend warnt. Denn die unverantwortlichen Zugeständnisse, die der Westen dem Iran immer wieder anbietet, bedeuten einen nuklearen Wettlauf, an dem auch die sunnitischen Staaten Saudi Arabien, Ägypten und die Türkei beteiligt sein werden.
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Schlagwörter: Bab-el-Mandeb, Gulf Cooperation Council, henry kissinger, Houthi Rebellen, strategische Position
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