Zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Kalifat: so jongliert Saudi Arabien

Debka: hier tobt der muslimisch-muslimische Krieg / Talal Shasha'a in Al Jazirah, Riyadh: auch Assad ist Feind / Al Sharq Al Awsat: es geht unter anderem um Erdöl / ... wobei die Amerikaner für den Iran den roten Teppich ausrollen / Mekkah: Abschied von 2014 im Zeichen des Krieges



Saudi Arabien bildet neue Allianzen. Saudi Arabien ist dabei, das Emirat Katar auf seine Linie zu bringen. Saudi Arabien unterstützt massiv den ägyptischen Präsidenten Abdel Sisi, der seinerseits die Muslim Brotherhood heftig bekämpft. Saudi Arabien überflutet die Weltmärkte mit preiswertem Erdöl und bringt damit seinen schiitischen Erzfeind, den Iran, in eine äusserst schwierige Lage. Saudi Arabien baut gleich 10 Atomkraftwerke, um sich für die Zukunft fit zu machen. Saudi Arabien gibt Rätsel auf - heute vielleicht mehr denn je.



Saudi Arabien sieht sich in der Tat gefährdet und ist dabei, eine neue Orientierung zu suchen. Diese war und bleibt notwendig, um mit den Spätfolgen des sogenannten Arabischen Frühling fertig zu werden. Ganz anders als im Westen vermutet haben die Umwälzungen der letzten vier Jahren im arabischen Raum keine Bewegung in Richtung Liberalismus, Transparenz und demokratische Verhältnisse herbeigeführt. Sie haben eher Kräfte freigesetzt, die alte Konflikte unter verschiedenen Richtungen im Islam neu entfachten und ethnische Rivalitäten sowie Stammesfehden wieder in den Vordergrund stellen. Diese neue Realität ist zur Zeit vor allem in Libyen, in Syrien, im Yemen und im Irak sichtbar. Doch solche Zustände können schnell weiter um sich greifen. Verständlicherweise haben die Saudis Grund zur Sorge.

Die Königsfamile in Riyadh ist sich darüber im Klaren, dass die Hauptgefahr weiterhin vom Iran ausgeht. Die schiitische Republik unterstützt Glaubensgenossen auf der riesigen arabischen Halbinsel, die seit vielen Jahren Unruhe stiften und Terror verbreiten. Als das sunnitisch-dominierte Regime im kleinen Nachbarstaat Bahrain durch eine schiitische Revolution zu stürzen drohte, schickte Saudi Arabien seine Armee, um eine feindliche Machtergreifung zu verhindern. Die saudischen Soldaten bleiben seitdem vor Ort und sorgen für Ruhe und Stabilität. Der Westen akzeptiert diese Situation, obwohl Bahrain mehrheitlich von Schiiten bewohnt wird.

Doch die saudische Monarchie spürt zunehmend auch andere Bedrohungen, und zwar im eigenen sunnitischen Lager. So hat Saudi Arabien die extremistische Muslim Brotherhood als illegal erklärt und will diese Organisation auch ausserhalb der eigenen Grenzen verbannen und möglichst eliminieren. Daher verstärkt Riyadh den Druck auf den Herrscher von Katar, Emir Tamim Al Thani, der die Muslim Brotherhood weitgehend finanziert und die terroristischen Aktivitäten der Organisation gegen Ägypten massiv unterstützte. Wie es momentan aussieht, wird es für den Emir immer schwieriger, bei seiner jetzigen Politik zu bleiben. Auf Druck von Saudi Arabien macht er erste Schritte, eine Aussöhnung mit Ägypten zu suchen. Möglicherweise wird er gezwungen sein, die Zentrale der Hamas (Ableger der Muslim Brotherhood) aufzulösen, die sich seit einigen Jahren in Doha befindet.

Aus der Sicht von Saudi Arabien macht es Sinn, die Führungsrolle von Ägypen in der arabischen Welt zu stärken. Einerseits bedeutet es die Zementierung der sunnitischen Allianz gegen die nuklearen Ambitionen des schiitischen Iran; andererseits ist damit die Hoffnung verbunden, dass extremistische Sunniten wie die Muslim Brotherhood sowie das neue Kalifat ISIS in Schach gehalten werden. Zum Letzteren darf man allerdings nicht übersehen, dass ISIS auch in Saudi Arabien selbst viele Anhänger und Sympathisanten hat; die Saudis müssen also sehr vorsichtig jonglieren, wenn sie gegen ISIS verbal oder gar militärisch vorgehen. Die bewaffneten Einheiten des Kalifat sind heute die wichtigste Truppe, die die schiitisch-dominierte irakische Armee bekämpft, hinter der zunehmend auch der Iran steht.

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