Rückmeldung per Bahnfahrt über die ehemalige innerdeutsche Grenze: so schön ist Deutschland im Herbst

Bahnstreik und Mauerfall: aktuelle Berichte in deutschen Medien



Sie werden bestimmt staunen: Mitten im vielleicht schlimmsten Bahnstreik Deutschlands kann ich zuverlässig melden, dass meine gestrige Bahnfahrt von Hamburg nach Berlin sehr angenehm war. Der Zug war nicht mal zu einem Drittel belegt. Die Passagiere konnten sich ausbreiten und die Fahrt richtig genießen. Essen und Getränke wurden sowohl im Restaurant als auch an den Sitzplätzen angeboten. Der Zug legte die Strecke sehr schnell zurück - ohne jede Verzögerung, genau nach dem aktualisierten Plan, der den längst ausgefallenen Plan erfolgreich ersetzte. Rundum war die Fahrt ein schönes, angenehmes Erlebnis.



Bei der Gelegenheit konnte ich gleichzeitig einen aktuellen Geschichtsunterricht zur Lage der deutschen Nation und zur ehemaligen deutsch-deutschen Grenze absolvieren. Die Gleise führen von West nach Ost - und selbstverständlich über die Stelle, an der es früher Stacheldraht, Wachhunde und Minen gegeben hat. Ein gut informierter Passagier konnte diese Stelle ganz genau identifizieren, obwohl es weit und breit von den ehemaligen Sperranlagen nichts mehr zu sehen gibt. Eine ältere Dame meldete sich zu Wort und erzählte, dass sie diese Fahrt auch zu DDR Zeiten machte - allerdings in einem verplombten Zug, der nur am Endziel West-Berlin anhalten durfte. Unsere Fahrt verlief anders. Wir hatten zwei kurze Haltestationen - einmal in Ludwigslust und einmal in Wittenberge, beide im Bundesland Brandenburg. Die Realität, die erst nach dem Mauerfall entstanden ist, wurde somit lebendig.

Nun werden Sie womöglich fragen, wie ich das kleine Wunder schaffte, eine so bequeme Reise an einem Streiktag zu erleben. Das muss ich vielleicht darauf zurückführen, dass viele Ausländer (somit auch ich) immer noch einen Aberglauben an deutsche Zuverlässigkeit haben. Als ich gestern von einer längeren Auslandsreise in Hamburg ankam, haben mich einige Deutsche über den Streik informiert und mich eindringlich davor gewarnt, die vorgesehene Zugverbindung auch nur zu versuchen. Ich hätte keinerlei Chance, sagten sie. Ich aber blieb guter Dinge und eilte mit meiner im Voraus erstandenen Bahnkarte zum Bahnhof. Dort informierte mich ein Mitarbeiter, dass mein Zug zwar gestrichen sei, doch ein Alternativzug zur Verfügung stehe.

Mit dieser Ankündigung kam allerdings die unangenehme Meldung, dass der Zug sehr wahrscheinlich proppenvoll sein würde. Somit wusste ich, dass ich mich darauf einstellen muss, keinen Sitzplatz zu bekommen - was ich gerne in Kauf genommen habe. Sehr viele Zugverbindungen wurden bereits ersatzlos gestrichen. Die Passagiere würden sich dann sicher auf den einzigen Zug stürzen, der noch nach Berlin fährt. Logisch, nicht wahr? Doch es kam ganz anders. Der sonst so hektische Hauptbahnhof von Hamburg wirkte eher wie ausgestorben.Die Bahnsteige waren menschenleer und verlassen. Nur selten war ein Zug zu sehen. Und in meinem Zug gab es sehr viele freie Sitzplätze zur Auswahl.

Nun wissen Sie es ganz genau. Auch während eines chaotischen Bahnstreiks habe ich mein Ziel sehr bequem und angenehm erreicht. Auf dem Weg konnte ich beobachten, wie Deutschland nach dem Mauerfall zusammengewachsen ist. Ich habe also die Verbindung gut hinbekommen - sowohl verkehrsmäßig als auch inhaltlich. Ich bin wieder da, und werde mich morgen ganz bestimmt mit einem neuen, aktuellen Beitrag melden.

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