Kalifat ISIS etabliert sich im Irak und in Syrien; bald auch in Jordanien?

Al Dustour, Amman: der Irak wird zerlegt / Macht der USA verschwindet / Al Ghad: Obama kann das Feuer nicht löschen / arabische Krisen bestimmen das Ramadan-Fest / die irakische Armee löst sich auf



Das neue, sunnitische Kalifat im Irak und in Syrien ist nach eigenen Angaben nicht allein auf diese arabischen Staaten beschränkt. Es will sich in der ganzen Region ausbreiten. Erstes und besonders auffälliges Ziel ist der jordanische Staat, der sich auf 80 Prozent des ehemaligen Mandatgebietes Palästina erstreckt und eine große palästinensische Mehrheit hat. Die ehrgeizige Planung der Islamisten jagd der Monarchie in Jordanien Angst ein und löst große Sorgen unter der überwiegend palästinensischen Bevölkerung des Landes aus.



Der normale, vernünftige Ausweg würde darin bestehen, dass sich Jordanien aus eigener Kraft gegen diese neue Bedrohung behauptet. Die jordanische Armee ist gut ausgerüstet und bestens trainiert - meist durch britische und amerikanische Berater. Doch Jordanien traut sich selbst nicht. Vor allem befürchtet Amman, dass in breiten Schichten der Bevölkerung und auch innerhalb der Armee viele Menschen sich den ISIS Extremisten anschließen und dem Kalifat helfen sein Territorium auszuweiten. Das ist in der Tat eine realistische Möglichkeit. Bereits jetzt gibt es Meldungen über Stämme, die mit der fremden Streitmacht kollaborieren, um die jordanisch-palästinensische Monarchie zu stürzen.

In der internationalen Gemeinschaft wird der Ruf nach westlicher Intervention laut. Das mit dem Westen verbündete Jordanien soll von den USA, von den Europäern und womöglich auch noch von Israel verteidigt werden. In Washington und in Jerusalem deutete man bereits an, dass die "Rettung" von Jordanien eine wichtige, selbstgestellte Aufgabe wäre, um die viel zitierte "Stabilität" in der Region aufrechtzuerhalten. Vor allem in London, doch auch in anderen europäischen Hauptstädten, beschäftigen sich Regierungen mit Szenarien der Intervention. Jordanien darf nicht fallen, lautet die Devise.

Besonders interessant und lehrreich ist der Umstand, dass die Jordanier sich nicht so recht zutrauen, ihr eigenes Staatsgebilde aus eigener Kraft zu schützen. Das kommt in mehreren Kommentaren zum Ausdruck, von denen einige (grafische) in der Galerie oben dokumentiert sind. König Abdallah und seine Gefolgsleute scheinen den USA und dem Westen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, dass beträchtliche Teile vom Irak und von Syrien bereits im neuen Kalifat eingegliedert wurden. Von irakischer, syrischer oder gar arabischer Verantwortung für die Misere ist keine Rede. Traurig aber leider typisch.

Diese Haltung führt in eine Sackgasse. Die Lehre aus den jüngsten Entwicklungen in der Region ist nicht, dass etwa die USA bei der Erhaltung des irakischen Staates gescheitert ist. Die Lehre ist viel mehr, dass die Araber selbst ihre Machtstrukturen und die Grenzen ihrer Staaten neu gestalten und dabei ihre eigenen Prinzipien und religiösen Überzeugungen zum Ausdruck bringen. Das ist ein schmerzhafter und langwieriger Prozess, der leider mit viel Gewaltanwendung vonstatten geht. Der Westen kann auch beim besten Willen diesen Prozess nicht aufhalten. Die Araber selbst sollen unter sich ausmachen, welche Zukunft sie für ihre Region wünschen. Das gilt eben auch für den jordanisch-palästinensischen Staat.

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