Konfrontation Russland-Westen: Es geht nun in erster Linie um die Wirtschaft

Li Min in China Daily: Angela Merkel wird nicht richtig schießen / Luo Jie: ...denn keiner wünscht sich eine Wirtschaftskrise / Elkin in Moscow Times: russisches Gas kann nach China fließen / Victor Bogorad : es geht eben um die Wirtschaft!



Merken Sie es vielleicht auch? Mehrere Seiten in der Krise um die Ukraine demonstrieren zunehmend Vernunft. Sie wollen die Konfrontation nicht ganz so hoch treiben, wie es noch vor wenigen Tagen und Wochen den Anschein hatte. Sie suchen Wege und Umwege, um die Gemüter zu beruhigen. Sie haben die Rethorik etwas abgeschwächt. Bei ihren Handlungen versuchen sie, neue Optionen zu erkunden. Immer allerdings mit dem Ziel, die bestehende Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Westen so wenig wie nur möglich zu gefährden.



Lassen Sie mich einige Hauptakteure und ihre Verhaltensweisen kurz schildern:

Der russische Präsident Vladimir Putin gibt sich etwas moderater als früher. Zumindest nach Aussen hin ruft er die prorussischen Milizen im Süden und im Osten der Ukraine dazu auf, die Situation zu deeskalieren. Er legt ihnen ansatzweise nahe, mit der Zentralregierung in Kiev doch noch ein Arrangement zu finden. Gleichzeitig  jedoch erweitert Putin seinen Spielraum dem Westen gegenüber, indem er die Chinesen als Kunden für die Unmengen russischer Gaslieferungen gewinnt. Mit dieser Doppelstrategie signalisiert Putin, dass er die Zusammenarbeit mit dem Westen eigentlich gerne fortsetzen würde.

Die Europäische Union ist alles andere als begeistert, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Was bisher beschlossen wurde ist kaum der Rede wert. Von den USA wird Angela Merkel kritisiert, nicht standhaft zu sein und die Interessen der deutschen Wirtschaft eigennützig zu vertreten. Doch was sollte die Kanzlerin sonst machen? Natürlich will sie den Handel mit Russland intakt halten. Es bedeutet viele Arbeitsplätze sowie ungestörte Versorgung mit Erdgas, wozu Deutschland in absehbarer Zeit keine Alternative hat.

Der führende Kandidat bei den geplanten Wahlen in der Ukraine, Petro Poroschenko, behandelt Moskau als einen wichtigen Partner und betont stets die bedeutenden wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland. Er schlägt einen sachlichen, praktischen Ton an - ganz anders als manche Kampfansagen, die von der provisorischen Regierung noch hin und wieder vernommen werden. Es gibt nun mehr Raum für realistische Einschätzungen und für ernsthafte Versuche, die Ukraine doch noch als eine Einheit zu behalten - und zwar mit den traditionellen, engen Bindungen zu Russland.

An dieser Stelle kann ich den Vortrag vorläufig abschließen. Was sich bei den Ausführungen zeigt, ist die gemeinsame Sorge der Verantwortlichen, dass durch Scharfmacherei und Konfrontation die Wirtschaft leiden wird.   Zumindest einige wichtige Hauptakteure wollen das  nicht in Kauf nehmen. Das bietet eine Chance, die Krise vielleicht doch noch friedlich beizulegen.

Lesen Sie bitte auch diese Beiträge:

Der Streit um die Ukraine wird nun auch im All ausgetragen… Realismus muss endlich her

Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika: Brics verlangt mehr Mitsprache

_________________________________

You are welcome to follow and comment on Facebook & Twitter

Anmelden